Die jüngsten kulturpolitischen Entwicklungen in den USA, insbesondere das unter der Regierung Donald Trumps erlassene Dekret zur ideologischen Neuausrichtung von Institutionen wie der Smithsonian Institution, verdeutlichen die politische Verwundbarkeit öffentlich finanzierter Kulturbetriebe. Der Versuch, museale Narrative, die auf eine kritische Auseinandersetzung mit Rassismus, Kolonialismus und gesellschaftlicher Diversität abzielen, staatlich zu kontrollieren, ist Ausdruck einer kulturpolitischen Radikalisierung, die auch außerhalb der USA beobachtbar ist. Für das deutsche Kulturmanagement ergeben sich daraus Implikationen, sowohl hinsichtlich der institutionellen Resilienz gegenüber politischer Einflussnahme als auch im Hinblick auf die programmatische und ethische Ausrichtung von Kultureinrichtungen in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft.
Die Smithsonian Institution fungiert hier als exemplarischer Fall: Obwohl sie formal keine Regierungsbehörde darstellt, finanziert sich die Institution mit 62% aus öffentlichen Mitteln. Diese strukturelle Abhängigkeit wurde von der Exekutive genutzt, um ideologisch motivierte Eingriffe in kuratorische Entscheidungen zu rechtfertigen. Narrative, die sich mit Gewalt, Diskriminierung oder historischen Ungleichheiten befassen, wurden pauschal als „anti-amerikanisch“ delegitimiert. Derartige Maßnahmen betreffen jedoch nicht allein die museale Repräsentation der Geschichte, sondern zielen auf die epistemologische Grundlage kulturvermittelnder Arbeit als solcher. Sie versuchen, institutionelle Erinnerungspraktiken zu normieren, kritische Perspektiven zu delegitimieren und kulturelle Deutungshoheit staatlich zu regulieren.
Diese Entwicklungen sind nicht als ausschließlich US-amerikanisches Phänomen zu interpretieren, sondern im Kontext eines globalen kulturpolitischen Rollbacks zu verorten, das auch in europäischen Demokratien Resonanz findet. In Deutschland, wo öffentliche Kulturfinanzierung traditionell als Instrument demokratischer Daseinsvorsorge verstanden wird, bestehen ebenfalls Anfälligkeiten für politische Einflussnahmen. Die kommunale Trägerschaft vieler Kulturinstitutionen, gekoppelt mit föderalen Abhängigkeiten und lokalpolitischen Machtkonstellationen, kann in ideologisch aufgeladenen Diskursen zu programmatischen Einschränkungen führen – sei es durch direkte Eingriffe, Mittelentzug oder informellen Druck auf Intendanzen und Leitungspersonal. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die Grenze zwischen expliziter Zensur und subtiler Selbstzensur zunehmend verschwimmt: Aus Sorge vor politischen Kontroversen oder medialer Diffamierung verzichten nicht wenige Einrichtungen auf konfliktträchtige Inhalte oder risikobehaftete künstlerische Positionen.
Zugleich werden inhaltliche Strategien, die auf Diversität, Inklusion und Repräsentationsgerechtigkeit abzielen, verstärkt zur Projektionsfläche ideologischer Kulturkämpfe. In den USA manifestiert sich dies etwa in der gezielten Demontage von DEI-Programmen (Diversity, Equity, Inclusion), der Schließung von Diversitätsbüros oder der eliminierenden Umformulierung musealer Textangebote. Auch in Deutschland ist eine zunehmende Politisierung sogenannter „Identitätspolitiken“ zu beobachten. Antifeministische und antiplurale Narrative finden nicht nur in sozialen Medien, sondern auch in parlamentarischen Debatten und kulturpolitischen Diskursen Anklang. Die Infragestellung von Gender-Initiativen, Antirassismusarbeit oder postkolonialen Ausstellungskonzepten steht dabei häufig im Zusammenhang mit einem verkürzten Kulturbegriff, der ästhetische Autonomie gegen gesellschaftspolitisches Engagement auszuspielen versucht.
In dieser Gemengelage kommt Kulturmanager:innen eine zentrale, nicht zuletzt ethisch fundierte Verantwortung zu. Sie agieren an der Schnittstelle zwischen Verwaltung, Politik, Kunst und Öffentlichkeit – und sind daher maßgeblich an der Aushandlung dessen beteiligt, was als kulturell legitim, erinnerungspolitisch relevant und gesellschaftlich notwendig gilt. Die Entwicklungen in den USA zeigen, dass Kulturinstitutionen keine neutralen Räume sind, sondern Orte symbolischer Macht und diskursiver Formung. Ein deutsches Kulturmanagement, das sich auf diese Konstellation nicht vorbereitet, riskiert nicht nur programmatische Einbußen, sondern eine langfristige Schwächung seines demokratischen Auftrags.
Stattdessen bedarf es eines bewussten Umgangs mit der eigenen institutionellen Rolle: Die Sicherung inhaltlicher Autonomie, die Verankerung pluralistischer Werte, der Ausbau partizipativer Strukturen und die strategische Kommunikation kulturpolitischer Zielsetzungen sind keine rein technischen Aufgaben, sondern Bestandteile eines reflektierten, gesellschaftlich verantwortungsvollen Kulturmanagements. Dazu gehört auch, kulturpolitische Solidarität zu praktizieren – etwa wenn einzelne Häuser oder Kunstschaffende unter politischen Druck geraten. Vor allem aber bedarf es einer Selbstvergewisserung: Kulturarbeit in einer demokratischen Gesellschaft ist stets konflikthaft, vielstimmig und in historische Verantwortung eingebunden. Diese Einsicht ist nicht nur normativer Anspruch, sondern kulturpolitische Notwendigkeit.