Dienstag, 31. Juli 2018

Aus der amerikanischen Wirtschaft in den deutschen Kulturbetrieb: Sharing Economy

Sharing Economy, präziser durch die Begriffe Collaborative Consumption oder Access Economy benannt, beschreibt ein Umlaufsystem für Ressourcen. Zugangsökonomie als Phänomen ist ein Bündel wirtschaftlicher Vereinbarungen, bei denen die Teilnehmer den Zugang zu Produkten oder Dienstleistungen vergemeinschaften und nicht zu Privateigentum umwandeln. Unternehmen wie Uber, Airbnb und Streaming Dienste mit geteilten Passwörten beruhen auf diesem Konzept. Wirtschaftlich unterschiedlich erfolgreich aber auf der ganzen Welt populär, hat dieses Wirtschaftsmodell insbesondere den Lifestyle der jüngeren Generation geprägt. Millennials schätzen Effizienz, Unmittelbarkeit, Transparenz, Praktikabilität, Verbindung und Kontrolle. Shared Economy Angebote erfüllen diese Bedürfnisse und bieten einen erschwinglichen Zugang zu einem Lebensstil, mit Autos, Traumreisen und lifestyle Produkten.

Was kann das für Kulturinstitutionen bedeuten? Das Abonnement ist für viele Kulturinstitutionen immer noch das wichtigste Produkt und Millennials haben nachweislich Bindungsprobleme, was auch dazu führt, dass Abonnements in dieser Zielgruppe nur begrenzt Absatz finden. Ein geteiltes Abo könnte die Antwort auf diese Problemstellung sein. Natürlich gibt es bereits Probe- und Wahlabos aber ein geteiltes Abo ist eine Antwort auf den Lebensstil der Millennials. Die Vorteile im Kulturbetrieb sind, dass es das Produkt bereits gibt. Es handelt sich also mehr um eine Marketingmassnahme, als um die, unter Umständen mit Investitionen und Risiken verbundene, Kreation einen neuen Produktes. Ein sonst unerschwingliches Premierenabo wird von mehreren Kunden geteilt. Der Premierenbesuch, beste Plätze, beliebte Aufführungen gibt es oft nur für Abo-Großkunden, aber durch Shared Economy wird er erschwinglich für viele Kunden, vor allen Dingen auch für Millennials. Der Mehrwert für die Kulturinstitutionen liegt in vielen Kontakten, neuen Abonnenten und Planungssicherheit Aboverkauf.

Millennials sind mehr als die vorhergehenden Generationen auf Werteversprechen eingestimmt. Es geht nicht so sehr darum, wo Ihr Produkt in die Sharing Economy passt, sondern vielmehr darum, ein Produkt zu entwickeln und zu vermarkten, das im Einklang mit den Millennial-Werten steht. Das geteilte Abo könnte ein Einstieg sein.

 

 

 


Mittwoch, 4. Juli 2018

Der perfekte Vorstand

Zu den Führungsaufgaben eines gemeinnützigen Vorstands gehörten in den USA Anfang des Jahrtausends das Fundraising, die Auswahl der Geschäftsführerung und die übergeordnete Organisationssteuerung.  Die Besetzung des Vorstands folgte auch in Deutschland einfachen Regeln: Ein Anwalt, ein Steuerberater, vielleicht noch ein Künstler.

Längst aber haben sich die organisatorischen und vor allem gesellschaftlichen Anforderungen geändert: Vorstandsmitglieder sollen nicht nur ihr professionells Fachwissen zur Verfügung stellen, sondern auch die Interessen ihrer Organisation gegenüber der Politik vertreten, talentierte Mitarbeiter rekrutieren und bei steigender Nachfrage der Geldgeber achtsamer verwalten und optimale Leistung sicher stellen. Es sollen mehr Frauen und Minderheiten vertreten sein, um Repräsentanz, Relevanz, Teilhabe und Fundraising Möglichkeiten zu sichern.

Dieses hohe Arbeitsniveau eines im Non-Profit Bereich ehrenamtlichen Vorstandes zu erreichen, erfordert Zeit. Dabei kämpfen viele Vorstände mit den Grundlagen wie der Rekrutierung der richtigen Mitglieder und der effektiven Durchführung von Meetings. In der Praxis erinnern viele Vorstandstreffen oft eher an Konferenzen.

Also geht es darum, erst einmal Grundlagen zu schaffen: eine klare Vision, Anforderungen an die Vorstandsmitglieder und effektive Prozesse zu definieren. So kann vermieden werden, viel Zeit und Energie mit Grundsätzen zu verschwenden. Das erleichtert dem Vorstand die anspruchsvolle Arbeit echte Leistungs- und Management Aufsicht zu übernehmen und die Prioritäten des Vorstands und der Organisation zu setzen. Der Schlüssel zum Erfolg ist, den richtigen Fokus zu finden.

Wie schwer es ist, alle Prioritäten umzusetzen, zeigt die Wahl des neuen Direktors für das Metropolitan Museum in New York. Der wirklich fast perfekte Vorstand des Museums benötigte über ein Jahr für die Suche und überraschte dann mit Wahl von Hans Hollein. Hans Hollein kann fundraisen, eine für Europäer nicht selbstverständliche Kompetenz, er schafft es, die Brücke zwischen Kunst und Technologie zu schlagen und er kuratiert Ausstellungen mit globaler Perspektive. Aber er ist, wie alle seine Vorgänger, männlich und weiss. Der Vorstand hat Kernkompetenzen definiert, die das Überleben des Museums sichern. Bedauerlicherweise konnte ein Zeichen für Diversität diesmal noch nicht gesetzt werden.