Sonntag, 23. Mai 2010

Aktuelle Diskussion in den USA: Die Demokratisierung der Philanthropie

Autorin SOR, Erschienen im Newsletter "Kultur - Management - Politik", Raabe Verlag, April 2010

Trotz eines deutlichen Rückgangs an Spenden (minus 5,7% in 2008 gegenüber 2007), gewinnt das Thema Philanthropie zunehmend an Popularität. Privatleute versuchen mehr und mehr ihre individuelle Mission mit ihrer Spendentätigkeit in Einklang zu bringen. In den vergangenen Jahrzehnten rangierten Kirchen und Universitäten an den ersten Platzen als Empfänger von Privatspenden. Den grössten Zuwachs verzeichnen Organisationen, die direkte Hilfs- oder Unterstützungsmassnahmen leisten, wie beispielsweise Arbeitsbeschaffung oder die Vergabe von Mikrokrediten.
Angeführt von der Nachkriegsgeneration, den Baby Boomers, vollzieht sich ein Wandel im Selbstverständnis der Spender. Der Fokus verschiebt sich von wachstumsorientierten zu einkommensschaffenden Investitionen in den humanitären und ökologischen Sektor. Auch die jüngeren Generationen „X“ und „Y“ stellen sich zunehmend sozialer Verantwortung.
Sogenannte donor-advised funds, Anlage-Fonds die von Stiftungen verwaltet werden und deren Erträge nach Präferenz der Anleger an gemeinnützige Zwecke vergeben werden, ermöglichen mit Start-Einlagen ab $5.000 heute einen deutlich erschwinglicheren Eintritt in die Philanthropie, als dies noch vor einigen Jahren möglich war.
Was können Kulturinstitutionen von dem Wandel im Selbstverständnis der Spender erwarten?
Der Wandel vollzieht sich vom distanzierten Mäzenatentum und Verwaltung zum geschäftsorientierten und persönlichen Ausführen der Mission. Mit der gleichen Sorgfalt, mit der vermögende Privatleute Spendenzwecke identifizieren, widmen sie sich auch dem Ehrenamt und der Vorstandsarbeit in Kulturinstitutionen. Es geht um mehr als darum zu repräsentieren – es geht darum, persönlich etwas zu bewegen. Die neuen Spender packen selber mit an und wollen aktiv an Problemlösungen teilhaben.
Von den Kulturinstitutionen wird damit mehr Bereitschaft zu „Inclusiveness“ abverlangt, um den Spendern Tätigkeitsfreiräume zu gewähren. Damit verbunden ist allerdings auch die Möglichkeit zu noch stärkerer Einbindung der Institutionen in die örtliche Gemeinschaft.