Donnerstag, 15. Oktober 2009

Kulturpolitik: Die Zukunft der Kulturinstitutionen

Erschienen im Newsletter "Kultur - Management - Politik", Raabe Verlag, September 2009
Im Juni veröffentlichte der National Endowment for the Arts eine Studie, die belegt, dass Kulturbesuche seit 1982, dem Jahr der ersten Untersuchung, kontinuierlich in allen Sparten (Jazz, Klassische Musik, Oper, Musicals, Theater, Ballett) um bis zu 31% abnahmen. Diese alarmierenden Zahlen entfachten in den USA einmal mehr die Debatte über die Relevanz von Kulturinstitutionen. Dass die Angebote der Kulturinstitutionen nur von einem geringen Teil der Bevölkerung genutzt werden und trotz Steuerbefreiung Eintrittsgelder verlangt werden, heizt die Debatte um die steuerliche Bevorzugung von Kulturinstitutitonen weiter an. Kulturmanager müssen sich nicht nur vermehrt in der Öffentlichkeit rechtfertigen, sondern sich ebenfalls kritischen Fragen von Seiten der Politiker stellen.
Rückenstärkung kommt aber doch zumindest für amerikanische Orchester aus dem Bereich der Lobbyisten in Washington, von denen 95% überzeugt sind, dass Orchester Qualität und „excellence“ für die Gesellschaft bedeuten. Popkultur und Konsum bestimmen den amerikanischen Alltag und Orchester und alle anderen Kulturinstitutionen können durch ihr Angebot dazu einen Ausgleich schaffen. In Zukunft müssen sich amerikanische Kulturinstitutionen verstärkt im Bereich Bildung für alle Altersklassen und alle sozialen Schichten engagieren, um relevant zu bleiben und Qualität zu sichern. Wie sieht die Gesellschaft der Zukunft aus und sollten Kulturinstitutionen aktiv an der Zukunftsplanung teilnehmen? Kulturinstitutionen stehen vor der Herausforderung nicht nur ihr oftmals in der Europäischen Kulturtradition wurzelndes Produkt für einen zunehmend multi-kulturellen amerikanischen Markt zu erneuern sondern darüber hinaus auch mit einem grossen Teil der Bevölkerung Austauschbeziehungen zu entwickeln. Finanzielle Transparenz schaffen, künstlerische Qualität anbieten und durch kulturelle Bildung Investitionen in die Gesellschaft tätigen – dies sind nur einige der Herausforderungen von Kulturinstitutionen. Schnelles Handeln ist gefordert und möglicherweise werden am Ende des Prozesses Kulturinstitutionen in veränderter Organisationform und mit neuer Mission stehen.

Dienstag, 6. Oktober 2009

Der stille Kurator

ist in diesem Herbst die Rezession.
Vergeblich wird der Museumsbesucher nach sogennanten Blockbustern suchen. Ausstellungen, fuer die sich die Besucherschlangen um den Haeuserblock winden. Die erste Blockbuster Ausstellung fand 1976 im Metropolitan Museum of Art statt. "King Tut" zog mehr als 8 Millionen Besucher an. Heute planen viele Museen mindestens eine Blockbuster Ausstellung im Jahr. Monet, Picasso und immer wieder King Tut. Das zieht die Massen an und man hofft, neue Freunde fuer's Museum zu gewinnen.
Blockbuster sind in der Regel mit ausserordentlich grossen Kosten verbunden. Transport, Sicherheit und Marketing sind einige der Kosten die anfallen, bevor der erste Besucher die Ausstellunbg ueberhaupt betritt. In grossen Haeusern sind es sechs oder siebenstellige Summen die verauslagt werden, bevor eine Eintrittskarte verkauft wird.
Museen, wie alle anderen Kulturinstitutionen, sehen einen Rueckgang in Spenden von Stiftungen und Privatpersonen, Sponsoren sowie dem Schwund von Stiftungskapital. Entlassungen, kuerzere Oeffnungszeiten und Verlaengerung der Ausstellungen sind allerorts zu beobachten. Da bleibt kein Geld fuer die kostspielige Anschubfinanzierung von Blockbustern.
Was also tun? Die Antwort liegt im eigenen Haus. Jacqueline Trescott von der Washington Post beobachtete, wie Kuratoren in ganz Washington in ihre Depots stiegen, um ihre Schaetze zu sichten. Hochkaraetige Meistersuecke kommen da zum Vorschein und werden den Besuchern in neuem Glanz praesentiert. "Die Dauerausstellung zur Sonderausstellung machen, strebt doch jeder heimlich an", sagt Earl "Rusty" Powell III, Direktor der Nationall Gallery.
Auch andernorts wird wird zusammengestueckelt. Das Metropolitan Museum of Art leiht sich Vermeers "Milchmaedchen" und praesentiert es mit fuenf eigenen Vermeers. Das Art Insitute of Chicago leiht sich Caravaggios "Abendmahl in Emmaus" und paart es mit anderen Bildern aus dem Umkreis des Kuenstlers.
Brent Glass, Direktor des National Museum of American History gibt zu, fuer die geplante Ausstellung ueber Amerikas Wirtschaft bisher keinen Sponsor gefunden zu haben: "Wir planen weiter, aber muessen die Ausstellung eventuell in mehreren Phasen zeigen. Aufgeben tun wir nicht."
Knappheit fuehrt zu groesserer Kreativitaet. Das ist Kuenstlern und Kuratoren bekannt. Die Rezession wird eine Vielzahl von neuen und ungewoehnlichen Partnerschaften bedingen. Der National Portrait Gallery, sagt Chefkurator Frank Goodyear, wurden einige Aufnahmen von beruehmten Nachrichtensprechern fuer den Audioguide zur Verfuegung gestellt. "Die verlangen dafuer keinen Pfenning."