Dienstag, 8. Dezember 2020

Audience Development 2020

Gibt es 2020 überhaupt noch Kulturpublikum, das sich ansprechen, binden und (von Besuchern zu Spendern) entwickeln lässt? In den USA sind die Verkaufszahlen von Eintrittskarten für Kultureinrichtungen (TRGArtsInside Report) in der Zeit von Januar bis August 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 83% gesunken. Aber an den Programmen, die digital und mit vielen Auflagen vor Publikum stattfinden konnten, nahmen auf einmal die Besucher teil, die wir uns seit Jahren zu den Veranstaltungen wünschen: Die jüngeren Generationen!

Da die Senioren, die auch in den USA traditionell einen Großteil des loyalen Publikums ausmachen, ihre Transaktionen inkl. Spenden eingeschränkt haben, werden die jüngeren Generationen, Baby Boomers, Generation X und Millennials, proportional sichtbarer. Ist das für Kulturbetriebe jetzt nicht eine Chance, sich sowohl im Service als auch inhaltlich mehr auf die jüngeren Generationen einzulassen?

Teilnehmer in Fokus-Gruppen der Wallace Foundation (Wallace Studies in Building Arts Audiences) zeigten, dass die Zielgruppen durch das bestehende Marketing von Kulturorganisationen oftmals abgeschreckt wurden und es als flach, esoterisch und wenig inspirierend empfanden. Dynamischere Grafiken und emotionale Nahaufnahmen von Ballerinas oder Chorsängern anstelle von Text, waren hier erfolgreicher.

Einen weiteren Lichtblick bei der Auswertung der TRGArts Studie gibt es: Die Analyse der Ticketverkäufe zeigt, dass die Maßnahmen, die Kulturinstitutionen in den USA bereits vor COVID-19 ergriffen, um ein weniger homogenes und ethnisch gemischteres Publikum anzusprechen kleine Erfolge verzeichnen. Der Anstieg der Verkäufe bewegt sich im Bereich von bis zu 2% für die verschiedenen Ethnien.

In den Fokus-Gruppen der Wallace Foundation wirkte der subjektiv wahrgenommene Elitismus von Kulturinstitutionen stark einschüchternd auf Kunden von außerhalb des traditionellen Besucherspektrums. Speziell trainierte Mitarbeiter im Bereich Besucherservice, die direkten Kontakt zu den Besuchern suchen, sind neben Willkommensschildern und -ansagen eine Möglichkeit, eine einladende Atmosphäre zu schaffen. Und natürlich ist es immer eine gute Idee mit Organisationen zusammenzuarbeiten, die diese Zielgruppen bereits bedienen.

Wer in Zeiten, in denen die Zukunft so ungewiss ist, Karten kauft, lässt sich anhand TRGArts Studie nachvollziehen. Welche Maßnahmen zur Umsetzung von zielgruppenspezifischer Besucherentwicklung erfolgsversprechend sind, zeigen die Studien der Wallace Foundation. Die meisten Kulturbetriebe würden die Fortsetzung des Trends eines jüngeren und gemischteren Publikums, wenn sich die Verkaufszahlen insgesamt wieder erhöhen, sehr begrüßen. Wenn man die Datenlage so betrachtet, zeigt sich, dass diese Krise viele Chancen für einen Neuanfang bietet.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen