Montag, 20. April 2020

Kulturmanagement während der COVID-19-Krise: Darf man jetzt um Spenden bitten?

Wann, wenn nicht jetzt, dachte sich offenbar Peter Gelb, General Manager der Metropolitan Opera in New York und schickte einen Spendenaufruf an die gesamte Kundendatei. Beim Fundraising tun wir ja sonst alles, um Spender*innen zu segmentieren und zum richtigen Zeitpunkt die richtige Nachricht rauszuschicken. In der Krise verwarf man jedoch diese Erwägungen an der Metropolitan Opera und so erreichte die Nachricht alle, wirklich alle Kund*innen, selbst jene, die 2007 das letzte Mal ein Ticket gekauft hatten. Und die Empörung war groß.
Auch das Museum of Modern Art in New York verschickt in dieser Phase der COVID-19 Krise noch Erinnerungen zur Mitgliedschaftserneuerung an Künstler*innen, was auch gar nicht gut ankommt.

Aber was darf man denn jetzt als Kulturinstitution noch machen, in dieser Zeit, in der man tatsächlich alle Register ziehen möchte und jede erdenkliche Hilfe braucht? Wenn jetzt das große Schweigen im Wald herrscht und wir jede digitale oder physische Kommunikation verzögern, vermitteln wir doch den Eindruck als würden nicht wir, sondern die Umstände unser Narrativ kontrollieren.

In den Foren der amerikanischen Kulturmanger*innen herrscht Einigkeit zur grundlegenden Fundraising-Kommunikation: Es ist gut, weiterhin um die Erneuerung von Mitgliedschaften zu bitten, wenn man den philanthropischen Charakter einer Mitgliedschaft betont und ankündigt, die Mitgliedschaft automatisch um die Zeitspanne der Schließung zu verlängern.
Mit Newslettern kann immerhin die Kommunikation aufrecht erhalten werden. In diesen geht es jetzt vielleicht weniger um aktuelle Veranstaltungen, sondern mehr um Forschung, Sammlungen, Ehrenamtliche und Projekte, an denen die Mitarbeiter*innen zu Hause arbeiten. In diesem
Zusammenhang ist auch ein Spendenaufruf nicht ausgeschlossen, denn im Mittelpunkt dieser Nachricht steht, dass "wir immer noch hier sind und die Arbeit erledigen, die Ihnen wichtig ist!".
Es scheint, als kümmerten sich Direktor*innen und Geschäftsführer*innen der amerikanischen Kulturinstitutionen auch weiterhin erfolgreich um die Großspender*innen. Wie angemessen alle anderen Fundraising-Maßnahmen, außer Newslettern mit thematisch eingebetteter Fundraising-Botschaft und Mitgliedschaftserneuerung sind, darüber gehen die Meinungen ebenso weit auseinander wie über die geeigneten Fundraising-Instrumente. Viele Spendende möchten z. Zt., aus Angst sich möglicherweise anstecken zu können, keine physische Post erhalten.
Ich denke immer noch, dass es in dieser Phase am besten ist, zum Telefonhörer zu greifen, und mit allen Spendenden persönlich zu sprechen: Einfach mal in den neuen Alltag der Menschen reinhören und auch vom neuen Alltag der Kulturorganisation berichten. Fundraising ist Friendraising. So eine Krise kann uns doch jetzt näher zusammenführen.

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