Letzte Woche erreichte die Situation der amerikanischen
Orchester einen neuen Tiefpunkt: Die Tarifverhandlungen des Atlanta Symphony
Orchesters sind vorerst gescheitert und die Musiker vom Gelände verwiesen. Das
Indianapolis Symphony Orchestra sagte die ersten beiden Konzertwochenenden der
neuen Saison ab, nachdem die Gespräche mit der Gewerkschaft der Musiker zu keinem
Ergebnis führten. Im Kunst-Mekka Minneapolis projizieren das Minnesota
Orchestra und das St. Paul Chamber Orchestra Fehlbeträge in Millionenhöhe und
harte Verhandlungen mit den Musikern. Das San Antonio Orchestra hat ein Defizit
von $1 Million und keinen laufenden Vertrag für die Musiker. Nicht zu vergessen,
dass die Sinfonieorchester in Philadelphia und Louisville bereits im letzten
Jahr bankrott anmeldeten, in Detroit sechs Monate gestreikt wurde und nicht
wenige der 400 Berufsorchester am Rande des Abgrunds wirtschaften. Ein Albtraum
für alle Beteiligten!
WQXR, der Klassikradiosender aus New York City, stellte
seine Hörern die Frage: „What would help troubled American orchestras?“ 41%
wählten die Antwort „Hire managers and boards with better business skills.“
Jesse Rosen, Präsident und Geschäftsführer der League of
American Orchestras, kommentierte im Radiointerview, dass die Verantwortung
jedoch von Musikern, Management und Vorstand gleichermassen getragen werden
muss. Das Umfeld für Orchester hat sich massgeblich gewandelt und Orchester
sollten auch den Rat und Manager von ausserhalb der Industrie nicht scheuen.
Drew McManus , Orchester Consultant und Autor des Blogs Adaptistration betonte
die Wichtigkeit von professionellen Kulturmanagern, die zwischen Musik und
Wirtschaft vermitteln. Mit Blick auf die in seinem Blog veröffentlichten
Kompensationsberichte von Orchestergeschäftsführern, Musikdirektoren und
Orchestermusikern fügte er an, dass neben Orchestermusikern, Management und
Administration auch Musikdirektoren und Solisten in die finanzielle Verantwortung
gezogen werden müssten, wenn es um Budgetdeckung ginge.
Wie die Aufführungsorte den sich wandelnden Erwartungen der
Besucher angepasst werden und sich neue künstlerische Ideen bei Orchestern
durchsetzen, muss auch ein Wandel im Management von Orchestern stattfinden.
Neue Orchesterkleidung, tweet seats, das Klatschen zwischen den Sätzen – Vieles
findet mit der Zeit Akzeptanz wie inzwischen Neue Musik und Konzerteinführungen, so Jesse Rosen.
Was im Kleinen möglich ist, muss sich auch in innovativen Management-Strategien
verwirklichen.
Die Experten im Radiointerview waren sich einig, dass
allerorts Lösungen zu erwarten seien und keines der o.g. Orchester von der
Bildfläche verschwinden würde. Übrigens, das Milwaukee Symphony Orchestra ernannte
gerade einen Trompeter aus den eigenen Reihen zum neuen Präsident und
Geschäftsführer. Wir Kulturmanager sehen gespannt hin, ob dies die bessere Wahl
für das Management eines Orchesters ist.