Sonntag, 16. Oktober 2016
Die Frage nach der Relevanz von Kulturinstitutionen
Die Frage nach der Relevanz von Kulturinstitutionen wird in
den USA seit ein paar Jahren vermehrt und öffentlich gestellt. Dies geschieht
vor dem Hintergrund eines zunehmend angezweifelten Non-Profit-Status, also der
steuerlichen Bevorzugung der Kultureinrichtungen, befeuert vom konkurrierenden
Fundraising der Institutionen. Nicht das Luxusproblem "Von Allem zuviel
und überall das Gleiche" wird hier angeprangert, sondern die essentielle
Frage, warum Kultur überhaupt (bevorzugt) gefördert werden soll. Die grosse
rechtliche Freiheit und staatliche Förderung, wie wir sie in Deutschland
geniessen, ist in den USA unbekannt. Die Institutionen sollen dort beweisen, warum
sie wichtig sind und welchen Beitrag sie für das Wohlergehen der Stadt und des
einzelnen Bürgers leisten. Und die amerikanischen Kulturinstitutionen
reagieren: Sie zählen Besucher, entwerfen pädagogische Programme für alle
erdenklichen Mehr- und Minderheiten, pflegen Kooperationen und immer wieder
versuchen sie auf verschiedenste Weise, ihre Wirtschaftlichkeit zu
demonstrieren. Mangels anderer anerkannter Metriken laufen Kulturinstitutionen
jedoch Gefahr, sich zu sehr auf den wirtschaftlichen Einfluss zu beschränken.
Was wäre aber, wenn sich Förderer (sowohl Privatpersonen als auch Stiftungen
und öffentliche Einrichtungen) einigen könnten, nicht-finanzielle Metriken wie
Nachhaltigkeit, Gesundheit, Wohlbefinden und Glück als Leistung zu messen? Der
wahre Einfluss der Kulturinstitutionen würde sich deutlich besser abbilden
lassen. Diesen Faktoren wird in der westlichen Welt (Bhutan führt seit den 70er
Jahren den National Happiness Index) seit einigen Jahren mehr Beachtung
geschenkt. Seit 2010 ist Glück ein wesentliches Thema in Frankreichs jährlichem
National Portrait Social. Im selben Jahr wurde der General Wellbeing Index für Grossbritannien
beschlossen. Von staatlicher Seite gibt es in den USA noch keine Bemühungen,
diese Faktoren zu priorisieren. Einige private Stiftungen fördern aber diese
Themen, wie z.B. die Robert Wood Johnson Foundation, die Forschung zu den
Themen Gesundheit und Wohlbefinden finanziert oder die Walt Disney Company, die
zu ihren Förderzwecken zählt, „Glück, Hoffnung und Lachen zu bedürftigen
Kindern und Familien auf der ganzen Welt“ zu bringen. Es mag paradox klingen,
aber vielleicht sollte der nächste Kultur-Förderantrag an die Walt Disney
Company gestellt werden.
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