In meinem letzten Beitrag zum Thema Ehrenamt habe ich,
auch basierend auf meinen eigenen Beobachtungen als Direktorin eines Museums in
den USA, die Motivation von Menschen erläutert, die ein Ehrenamt aufnehmen.
Haben diese Menschen den Kulturinstitutionen dann freundlicherweise ihre Zeit,
Tatkraft und Wissen angeboten, stellt sich vielen Kulturmanagern die Frage:
"Und was jetzt?". US-Marketing-Papst Seth Godin hat drei
weiterführende Faktoren für die Einbindung von Ehrenamtlichen, das sog.
Volunteer Engagement, formuliert:
Agenda
Wichtig beim Einsatz von Ehrenamtlichen ist, mit einer
Agenda zu arbeiten, klare Vorstellungen und Ziele zum Einsatz der
Ehrenamtlichen zu haben. Nichts drosselt die Motivation mehr, als wenn die
Ehrenamtlichen erst einmal herausfinden müssen, was los ist und wie es weiter
gehen soll.
Peer
Support: "People like us do things like this.”
Es ist oft nicht einfach, Zeit und Energie für das
Ehrenamt zu finden, aber es ist noch schwerer, wenn man sich wie ein
Aussenseiter fühlt. Die Unterstützung und Anerkennung von Gleichgesinnten ist enorm
wichtig, die Kontakte der Ehrenamtlichen untereinander können auch ausserhalb
des eigentlichen Ehrenamtes z.B. durch Volunteer Appreciation Events gefördert
werden.
Hierarchie des Erfolgs
Diese wird benötigt um das Erfolgsgefühl zu verstärken
und zu fördern. Mit der Anerkennung der
Leistung der Ehrenamtlichen und dem Willen, die Ehrenamtlichen mit Autorität
auszustatten, wird die Hierachie zu einem sich selbst antreibenden
Wirkungs-Kreislauf.
Das Ehrenamt ist ein wichtiger Bestandteil einer gesunden
Zivilgesellschaft, aber es braucht Organisationen, die Strukturen schaffen, um
es aufrecht zu halten. Wie Volunteer Management im Detail aussehen kann, habe
ich in einer Fallstudie am Beispiel des Cincinnati Symphony Orchestras
beschrieben: http://de.slideshare.net/sostendorf
Die Frage nach der Relevanz von Kulturinstitutionen wird in
den USA seit ein paar Jahren vermehrt und öffentlich gestellt. Dies geschieht
vor dem Hintergrund eines zunehmend angezweifelten Non-Profit-Status, also der
steuerlichen Bevorzugung der Kultureinrichtungen, befeuert vom konkurrierenden
Fundraising der Institutionen. Nicht das Luxusproblem "Von Allem zuviel
und überall das Gleiche" wird hier angeprangert, sondern die essentielle
Frage, warum Kultur überhaupt (bevorzugt) gefördert werden soll. Die grosse
rechtliche Freiheit und staatliche Förderung, wie wir sie in Deutschland
geniessen, ist in den USA unbekannt. Die Institutionen sollen dort beweisen, warum
sie wichtig sind und welchen Beitrag sie für das Wohlergehen der Stadt und des
einzelnen Bürgers leisten. Und die amerikanischen Kulturinstitutionen
reagieren: Sie zählen Besucher, entwerfen pädagogische Programme für alle
erdenklichen Mehr- und Minderheiten, pflegen Kooperationen und immer wieder
versuchen sie auf verschiedenste Weise, ihre Wirtschaftlichkeit zu
demonstrieren. Mangels anderer anerkannter Metriken laufen Kulturinstitutionen
jedoch Gefahr, sich zu sehr auf den wirtschaftlichen Einfluss zu beschränken.
Was wäre aber, wenn sich Förderer (sowohl Privatpersonen als auch Stiftungen
und öffentliche Einrichtungen) einigen könnten, nicht-finanzielle Metriken wie
Nachhaltigkeit, Gesundheit, Wohlbefinden und Glück als Leistung zu messen? Der
wahre Einfluss der Kulturinstitutionen würde sich deutlich besser abbilden
lassen. Diesen Faktoren wird in der westlichen Welt (Bhutan führt seit den 70er
Jahren den National Happiness Index) seit einigen Jahren mehr Beachtung
geschenkt. Seit 2010 ist Glück ein wesentliches Thema in Frankreichs jährlichem
National Portrait Social. Im selben Jahr wurde der General Wellbeing Index für Grossbritannien
beschlossen. Von staatlicher Seite gibt es in den USA noch keine Bemühungen,
diese Faktoren zu priorisieren. Einige private Stiftungen fördern aber diese
Themen, wie z.B. die Robert Wood Johnson Foundation, die Forschung zu den
Themen Gesundheit und Wohlbefinden finanziert oder die Walt Disney Company, die
zu ihren Förderzwecken zählt, „Glück, Hoffnung und Lachen zu bedürftigen
Kindern und Familien auf der ganzen Welt“ zu bringen. Es mag paradox klingen,
aber vielleicht sollte der nächste Kultur-Förderantrag an die Walt Disney
Company gestellt werden.